Im Abschnitt "Die großen Bilder des Johannes-Evangeliums - Weinstock und Wein", verrät Benedikt in einem winzigen Detail, wie anderes er die Bibel liest als - ich behaupte es einmal pauschal - die meisten seiner evangelischen Theologenkollegen. Es wird in diesem Abschnitt über die Hochzeit zu Kana berichtet und über den, so Benedikt, scheinbaren Widersinn, "dass Jesus für ein privates Fest eine Überfülle von Wein - etwa 520 Liter - schafft." (Seite 293)
Benedikt ist an der Auslegung der ersten, unbedeutend scheinenden drei Worte interessiert: "Am dritten Tag...". Er erinnert daran, daß der dritte Tag das "Datum der Theophanie" ist, blickt zurück auf den dritten Tag, an dem Gott am Sinai erscheint (2. Mose 13) und blickt voraus auf den dritten Tag, an dem Jesus von den Toten aufersteht. Daß dieser dritte Tag der Hochzeit ebenfalls eine wichtige Gotteserscheinung mit sich bringt und deshalb eben viel mehr enthält als die wundersame Überversorgung einer Hochzeitsgesellschaft mit Wein, wird in der späteren Auslegung klar.
Es verwundert, daß er nicht danach fragt, ob diese sicherlich für moderne Ohren recht sakral wirkende Datierung nicht den tatsächlichen Verlauf der Geschichte ein wenig verbiegt - ein Gedanke, den die wenige Seiten zuvor von ihm kritisierten Theologen Hengel und Broer als allgemeinen Verdacht dem Johannes-Evangelium gegenüber geäußert hatten. Und eben diese Unbefangenheit unterscheidet ihn sicherlich von den typischen Vertretern der historisch-kritischen Schule, die er ansonsten immer sehr lobt.
Warum glaubt er, anders als seine Kollegen, solchen frommen Datierungen, ohne ein Fragezeichen daran zu machen? Ich kann es nicht genau beschreiben und nehme an, daß erst die Summe des Buches eine Antwort auf diese Frage geben wird. Ich vermute, daß es in etwa darauf hinauslaufen wird, daß ihm das große Wunder des Eingreifens Gottes in die Geschichte beständig vor Augen steht, und daß ihm solche vergleichsweise kleinen Wunder, wie das Eintreten eines bestimmten Ereignisses just an dem Tag, wo es sich der alten Symbolik entsprechend einstellen muß, ohne weiteres glaubwürdig erscheinen.
Ein weiterer Grund für seine "Wundergläubigkeit" besteht vielleicht darin, daß er den Optimismus der klassischen historischen Kritik nicht mehr teilt, wonach sich die historische Wahrheit durch intensives Forschen eines Tages aufzeigen lassen wird. Vielleicht sollte man heute diesen Optimismus aufgeben und einfach sagen: niemand weiß, wie es damals exakt gewesen ist.
Und warum sollte es dann wiederum nicht erlaubt sein, anzunehmen, daß sich die Geschehnisse bisweilen tatsächlich auf wundersame Weise ergeben haben?
Mittwoch, 9. Mai 2007
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