Sonntag, 13. Mai 2007

Pilgern in das Wort hinein (Kapitel 9)

In allen vier Evangelien ist das "Bekenntnis des Petrus" überliefert. In ihm bezeichnet er Jesus als den Messias, in deutlichem Unterschied zu den anderen Zuhörern, die ihn als einen Propheten, etwa Elia, ansehen . Die moderne Bibelwissenschaft hat besonders an dieser Stelle ihre Theorie von den "nachösterlichen" Erkenntnissen der Jünger und damit der christlichen Gemeinde festgemacht. Sie hätten Jesus zu Lebzeiten eben nicht als den Messias erkannt und die spätere Erkenntnis dem Petrus in den Mund gelegt.

Für diese Theorie spricht, daß die vier Evangelien das Bekenntnis des Petrus in jeweils unterschiedlicher Form überliefern. Benedikt hat dagegen von Anfang an deutlich gemacht, daß eines der wichtigsten Anliegen dieses Buches ist, gerade diese Theorie zu widerlegen. Das versucht er natürlich auch in diesem Kapitel.

Anders als in den vorherigen Kapiteln hat sich Benedikt hier aber damit auseinanderzusetzen, daß es eben diese unterschiedliche Form der Bekenntnisse gibt. Er legt seine Interpretation auf eine mich überzeugende und auch sprachlich sehr schöne Weise dar. Die Jünger hätten, sagt er, in ihrer Erkenntnis, daß in Jesus Gott vor ihnen stand, auf Worte des Alten Testamentes zurückgegriffen haben, sie aber nicht "zu einer fertigen Antwort zusammensetzen" können (Seite 351).

Auch nach Ostern wird dieses Bekenntnis zu keiner fertigen Antwort. Der Zweifler Thomas darf seine Hände in die Wundmale des Auferstandenen legen, um dann mit dem Wort zu bekennen "mein Herr und mein Gott" (Johannes 20,28). Aber auch mit einem Wort wie diesem, sagt Benedikt, "bleiben wir immer unterwegs".

Dieses Wort "ist so groß, dass wir es nie fertig erfasst haben, und es bleibt uns immer voraus. Ihre ganze Geschichte hindurch pilgert die Kirche immer neu in dieses Wort hinein, das uns nur in der Berührung mit den Wunden Jesu und in der Begegnung mit seiner Auferstehung fassbar werden kann und uns dann zur Sendung wird." (Seite 352)

Übrigens wird in diesem Kapitel an keiner Stelle darüber gesprochen, daß einer der Jünger durch sein erkennendes Bekenntnis die Qualifikation erlangt hätte, später einmal Oberhaupt der anderen zu werden. Die "Papstfrage" ist in diesem Buch auf eigenartige Weise abwesend. In Benedikts Kirche sind alle Gläubigen aufgerufen, das zu verstehen, zu bekennen und zu leben, was einem Jünger in der Nachfolge Christi aufgetragen ist.